Hinweise und Schritte auf dem Weg zur erfolgreichen Umsetzung
einer öko-sozialen Beschaffung in der öffentlichen Verwaltung
1) Politische Unterstützung – Ratsbeschluss oder Dienstanweisung
Ein offizielles Bekenntnis zur nachhaltigen Beschaffung gibt den Beschaffungsstellen Orientierung und Rückhalt. Ein klarer Rahmen kann z.B. in Form eines Beschlusses des Stadt-/Gemeinderats oder einer Dienstanweisung geschaffen werden.
Empfehlungen für Ratsbeschluss: Formulieren Sie den Beschluss möglichst konkret und beziehen Sie sich neben ökologischen Anforderungen mindestens auf die Einhaltung von Anforderungen im Sinne der acht Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). In den Beschluss können die in Schritt zwei bis sechs folgenden Empfehlungen einfließen: Arbeitsgruppe, Bestandsaufnahme, Produkte konkretisieren, Schulungsmaßnahmen, regelmäßige Berichterstattung. Im Kompass Nachhaltigkeit (www.kompass-nachhaltigkeit.de) finden Sie eine Fülle an Beispielen für Ratsbeschlüsse und Dienstanweisungen.
2) Verantwortlichkeiten zuweisen/ Bildung einer Arbeitsgruppe
Die Verantwortlichkeit für die Umsetzung sollte klar geregelt werden. Es hat sich hierbei als hilfreich erwiesen, eine Arbeitsgruppe zu bilden, die die Aktivitäten zur verantwortungsvollen Beschaffung koordiniert. Neben Vertreter*innen der…
… Verwaltung und öffentlicher Einrichtungen ist es sinnvoll, auch thematisch verbundene externe Akteure mit einzubeziehen, z.B. die lokale Agenda-Gruppe, den Weltladen, Kirchengemeinden oder die Fairtrade-Town-Steuerungsgruppe. Eine breit aufgestellte Arbeitsgruppe ermöglicht fachlichen Austausch und erhöht die Chancen, Pläne umzusetzen.
3) Bestandsaufnahme der Beschaffungspraxis
Als Grundlage für die weiteren Schritte ist es empfehlenswert, einen Überblick über die aktuelle Beschaffungspraxis der Verwaltung zu erhalten. Folgende Fragen sollten dabei geklärt werden:
- Inwieweit ist die Beschaffung dezentral oder zentral organisiert?
- Wer kauft was, wann ein, und in welchen Mengen?
- Welche gegenwärtigen Verträge mit Lieferanten gibt es? Wie lange ist die Vertragsdauer?
- Welche Einkaufsrichtlinien und Produktstandards gibt es bereits? Welche Kriterien werden angewendet?
4) Auswahl der Produktgruppen
Auf Basis der Bestandsaufnahme entscheidet die Arbeitsgruppe über die Produkte, die nach Umwelt- und Sozialkriterien beschafft werden sollen. Bei der Auswahl zu beachtende Kriterien können sein:
- Ökologische und soziale Dringlichkeit
- Verfügbarkeit von alternativen Produkten und Dienstleistungen (Marktrecherche)
- Beschaffungsvolumen des Produktes und
- Häufigkeit der Beschaffung des Produktes
Für einen leichten und überschaubaren Einstieg in die nachhaltige Beschaffung ist es empfehlenswert, zunächst mit einer kleinen Anzahl an Produkten bzw. einer Pilotausschreibung zu starten. Erkennbare Fortschritte und Erfolge erhalten die Motivation für den Wandel zum nachhaltigen Einkauf. Außerdem hilft die schrittweise Einführung, den Zeitaufwand in Grenzen zu halten.
5) Konkrete Ausschreibung mit öko-sozialen Kriterien
Für die ausgewählten Produktgruppen werden im nächsten Schritt die Kriterien für die Ausschreibungsunterlagen erarbeitet. Nutzen Sie hierbei Ihre Vergabespielräume und suchen Sie sich Unterstützung. Greifen Sie auf die vielfach vorhandenen Erfahrungen und Hilfen zurück, um …
… den notwendigen Zeit- und Arbeitsaufwand dadurch zu reduzieren (z.B. www.kompass-nachhaltigkeit.de, www.nachhaltige-beschaffung.info und Publikationen zum Thema).
Wenn das betreffende Produkt von mehreren Abteilungen/Personen beschafft wird (laut Bestandsaufnahme), sollte geprüft werden, ob der Einkauf gebündelt werden kann. Damit erhöht sich zum einen die Marktmacht, zum anderen kann so sichergestellt werden, dass die erarbeiteten sozial-ökologischen Kriterien bei allen Beschaffungen des entsprechenden Produktes berücksichtigt werden.
Das Ausschreibungsverfahren sollte an die eigene Marktmacht und die Marktgröße bzw. das Vorhandensein von fairen Produktalternativen angepasst werden (Markt-/Nachweisanalyse). Gegebenenfalls ist es angebracht einen Bieterdialog durchzuführen, um das Leistungsverzeichnis marktgerecht erstellen zu können.
6) Information und Fortbildung
Für die Neuorientierung der Beschaffung ist es wichtig, die gesamte Verwaltung aktiv einzubinden und die nachhaltige Einkaufspraxis zu kommunizieren, z.B. über Erlasse, das Intranet oder Leitfäden. Beim Projekt, eine nachhaltige Beschaffung zu etablieren, geht es auch um …
… die Köpfe der Mitarbeiter*innen. Gefragt ist es eine gute Kommunikation nach innen, die die Mitarbeiter*innen mittels kontinuierlicher Bewusstseinsbildung motiviert sowie Akzeptanz und Identifikation erhöht – sowohl bei den Einkäufer*innen als auch bei den Nutzer*innen der betreffenden Produkte. Darüber hinaus ist es wichtig, die Mitarbeitenden durch Schulungen auf die neuen Aufgaben vorzubereiten und Zielkonflikte gemeinsam zu bearbeiten.
Auch potentielle Bieter sowie die Öffentlichkeit sollten über die geänderten Anforderungen informiert werden.
Mithilfe eines Berichts über die Fortschritte, die Sie machen oder die Hindernisse, auf die Sie stoßen können bzw. sollten Sie sich, den Gemeindevertreter*innen und den Bürger*innen regelmäßig (z.B. alle zwei Jahre) Rechenschaft ablegen über den Stand der Umsetzung.
Alle Schritte als Pdf-Dokument